Auf der Vorstandssitzung am Rosenmontag, dem 27.2.2017 ist Dr. Theo Mechtenberg, dem langjährigen Mitarbeiter und Vorstandsvorsitzenen des GESW, der Ehrenvorsitz des Trägervereins angetragen worden. An diesem freudigen Ereignis lassen wir unsere Leserschaft teilhaben, indem wir die Laudatio auf unserem Blog teilen, die der Vorsitzende Dr. Zbigniew Wilkiewicz auf Dr. Mechtenberg gehalten hat.
Sehr geehrter Herr Dr. Mechtenberg, lieber Theo,
zwar hat Deine offizielle Verabschiedung vom Amt des 1. Vorsitzenden des GESW bereits im November des vorigen Jahres stattgefunden, Vorstand und Mitarbeitende sind sich aber darin einig gewesen, dass wir Dich anlässlich der heutigen Vorstandssitzung auf zweifache Weise ehren wollen.
Bevor ich aber das Wie dieser Doppelehrung erkläre, möchte ich zunächst auf ihr Warum zu sprechen kommen. Auch hier gibt es zwei Dimensionen zu unterscheiden: eine quantitative und eine qualitative. Die quantitative hebt auf schiere die Dauer eines Amtes ab, wobei zwischen Haupt- und Ehrenamt zu differenzieren ist.
Hauptamtlich warst Du von 1979 bis 1993 als Dozent und Redakteur des aktuellen ostinformationen eine tragende Säule, ein Sprach- und Schreibrohr unseres Instituts. Dabei schuf Dein abenteuerlicher, azyklischer Lebensweg, der Dich als katholischen Priester in die DDR und später als Germanisten und Publizisten, der eng mit dem Krakauer „Tygodnik Powszechny“ kooperierte, hervorragende Voraussetzungen für die Arbeit im GESW. Als intimer Kenner der DDR (und ihrer Literatur) sowie der Kirche, Kultur und der Lebenswelten Polens, immerhin bist Du – auch im Sinne einer landeskundlichen Zusatzqualifikation – seit Jahrzehnten mit einer Polin verheiratet, hast Du in den 14 Jahren Deines hauptamtlichen Wirkens am Institut als Dozent und Publizist Maßstäbe gesetzt.
Das war nicht nur Deinen stets attraktiven, spannenden Seminarinhalten geschuldet, sondern ebenfalls Deiner Kunst der freien Rede und der nur selten vorzufindenden Befähigung, auch komplizierte Sachverhalte verständlich zu erklären!
Dies galt nicht nur für die stets kritische und um redliche Sachlichkeit bemühte Beleuchtung und Interpretation der deutsch-deutschen und deutsch-polnischen Beziehungen, sondern im besonderen Maße auch für die Entwicklung und Umsetzung des Konzepts „Jugend für Gesamteuropa“, das seit 1992/1993 – als das Institut sich grundlegend umstellen musste – die Inhalte und Arbeitsweisen des GESW maßgeblich bestimmte.
Nach Deiner Verrentung im Oktober 1993 hast Du noch über etliche Jahre weiterhin wichtige und anspruchvolle Seminare in unserem Institut initiiert oder durchgeführt und Dich bereitwillig in unsere Multiplikatorenseminare einbinden lassen.
Im Jahre 1994 wurdest Du dann zum 1. Vorsitzenden des GESW gewählt – und hattest dieses Amt bis zum November 2016 ununterbrochen inne. Wir dürfen also füglich von einer über zwei Jahrzehnte währenden Vorstandsära Mechtenberg sprechen, in der Du Dich ehernamtlich in den Dienst des GESW gestellt hast. Dass dies aufgrund zahlreicher personaler Veränderungen und Wechsel, Kürzungen und Umstellungen, neuer inhaltlicher und didaktischer Herausforderungen sowie einer permanenten Standort- und Akquisitionsdebatte eine zuweilen aufregende und aufreibende Periode war, ist allen Mitarbeitenden und Vorstandsmitgliedern, die unser Werk zusammen mit Dir durch etliche Krisen hindurch getragen haben, durchaus bewusst. Und wir alle wissen, dass es zukünftig sicher nicht leichter werden wird.
Eine elementare Grundvoraussetzung dafür, dass dieses Instituts Perspektive hatte und auch weiterhin Perspektive haben kann, sind meiner Überzeugung nach neben allen fachlichen, didaktischen und akquisitorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten drei Grundpfeiler der katholischen Soziallehre, die Du anlässlich unserer Weihnachtsfeiern alter Prägung nicht nur gepredigt, sondern im Umgang mit den Mitarbeitenden, den Vorstandsmitgliedern und den Teilnehmenden unseres Instituts auch überzeugend gelebt hast.
Ich denke hier an die Trias aus Solidarität, Subsidiarität und Personalismus, die für das Gelingen betrieblicher, sozialer und europäischer Integration in Frieden, Freiheit und Vielfalt unerlässlich bleibt. Wer einen solchen Führungsstil verkörpert, heftet sich nicht an formale Hierarchien, lässt seinen Mitwirkenden Raum, hat es nicht nötig zu gängeln und einzuengen, denn er vertraut ihnen, und weiß, dass sie nach intensiven Bewerbungsverfahren und Einarbeitungszeiten bestrebt sind, als Arbeitskräfte und Persönlichkeiten ihr Bestes zu geben und sich solidarisch in den Dienst der gemeinsamen Sache zu stellen. Dies setzt allerdings Souveränität, Glaubhaftigkeit, Zuversicht und Haltung voraus, Eigenschaften die Du in hohem Maße besitzt und uns als Vorstandsvorsitzender des GESW lange vorgelebt hast.
Deshalb auch die eingangs erwähnte zweifache Form der Ehrung, von der eingangs die Rede war:
Erstens: wir haben beschlossen, die Zeit Deiner Ehrenamtlichkeit außer Kraft zu setzen und Dich auf Lebenszeit zum Ehrensvorsitzenden des GESW zu wählen. Ich hoffe, dass Du die Wahl annimmst, Dich über die (gerahmte) Urkunde freust und uns gewogen bleibst! Deshalb ganz persönlich an Dich gerichtet: ad multos annos, wiȩc sto lat und noch viel mehr!
Zweitens: Diese Wahl und das damit verbundene Momentum wollen wir im Sinne eines wohl verstandenen carpe diem bei gemeinsamen Essen und Trinken im Kollegenkreis verstärkende materielle Haftung (also Nachhaltigkeit) verleihen, auch wenn wir wissen, dass alle irdischen Genüsse flüchtig sind. Ich bin ganz sicher, dass Frau Klug und ihr Team uns dabei nicht enttäuschen werden!
In diesem Sinne wünsche ich guten Appetit und gute Gespräche…
Zbigniew Wilkiewicz