von Mariella Gronenthal
Die deutsch-polnischen Beziehungen liegen dem GESW seit jeher sehr am Herzen. In Vorstand und unter den Mitarbeitenden sind die persönlichen Beziehungen zum Nachbarland vielfältig. Wir freuen uns deswegen besonders, wenn deutsch-polnische Jugendgruppen bei uns zu Gast sind und wir beobachten können, wie sich junge Menschen aus beiden Ländern näher kommen.
In den letzten 8 Tagen hatten wir zwei deutsch-polnische Gruppen im Haus und haben uns mit ihnen über die verbindende Geschichte beider Länder, das Zusammenleben in Europa und die gemeinsame Zukunft unterhalten. In diesen Seminaren nutzen wir Englisch als lingua franca und es ist leicht zu beobachten, wie die Jugendlichen nach kurzer Zeit ihre Scheu vor der Fremdsprache überwinden. Wenn es doch einmal schwierig wird, wird vom Dozent*innenteam auch einmal vom Deutschen ins Polnische oder umgekehrt übersetzt.
Spätestens dann, wenn sie Teilnehmenden aber in gemischtnationalen Arbeitsgruppen zusammensitzen, finden sie immer Wege, um sich zu verständigen. Da geht es um die Notwendigkeit der Erinnerung und um Stolz auf die Geschichte; darum, was uns wichtig ist und wo die Werte verbinden oder trennen; und darum, ob wir in der Zukunft überhaupt noch persönlich miteinander sprechen werden oder nur noch über Bildschirme miteinander kommunizieren werden.
In kreativen Vorstellungen bringen die Jugendlichen dann ihre Überlegungen vor die Gruppe und stellen sie nochmals zur Diskussion. Daraus ergeben sich nicht selten neue Fragen: Wer war Willy Brandt und warum war er noch gleich wichtig für das deutsch-polnische Verhältnis? Was ist eigentlich wichtiger – Freiheit oder Sicherheit? Geht überhaupt beides gleichzeitig? Und die Probleme, vor die uns die Zukunft stellen wird – Klimaschutz, Überalterung, Entfremdung – sind die nicht eigentlich auch schon heute im Alltag spürbar?
Nicht alle Fragen lassen sich beantworten. Wenn die Jugendlichen aber neugierig aufeinander zugehen und gemeinsam über Antworten nachdenken, dann haben wir schon viel erreicht.
Vor wenigen Tagen hat der polnische Sejm ein Gutachten veröffentlicht, das Reparationsforderungen Polens an Deutschland für legitim erklärt (es berichteten u.a. Der Spiegel, die Zeit, die FAZ). Jenseits von der Argumentationsführung sagt die Existenz eines solchen Papiers bereits viel über aktuelle Entwicklungen in den politischen Beziehungen Deutschlands und Polens aus. Umso wichtiger ist es, die Beziehungen zwischen Individuen zu stärken und junge Menschen zum Gespräch zusammen zu bringen.