[mg] Obwohl am Wochenende in Schleswig-Holstein auch eine deutsche Landtagswahl anstand, war der Aufmacher der großen Medien am Abend des vergangenen Sonntags doch dominiert von der Präsidentschaftswahl im Nachbarland: Der Sieg Emmanuel Macrons war eindeutig die wichtigste Nachricht des Tages. Ein kollektiver Seufzer der Erleichterung machte sich Luft, wohl nicht nur hierzulande, sondern auf dem gesamten Kontinent. Mit welchen Schlagzeilen heute die Medien online den Ausgang der Wahl bewerten, fassen wir im heutigen #aufgeschnappt zusammen.
„Europa ist endlich wieder angesagt“, jubelt die Süddeutsche Zeitung im Videokommentar. Macrons Wahl wird von Stefan Ulrich in eine Reihe mit den letzten Wahlergebnissen in dern Niederlanden und der Präsidentschaftswahl in Österreich gestellt. Mehr Europa, so muss die Devise lauten, das schlussfolgert der Kommentator. „Le Pen verliert ihren Schrecken“, so titelt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Dabei zeigen die Zahlen, die der Artikel nachfolgend en detail aufführt und analysiert, die Bedrohung sehr deutlich auf: Der Abstand zwischen Macron und le Pen bei dieser Wahl ist zumindest signifikant geringer als derjenige zwischen Jean-Marie le Pen und Jacques Chirac im Jahr 2002.
Das Ergebnis wird dennoch als ein klares Bekenntnis zu Europa gewertet. Der beliebte US-amerikanische Senator Bernie Sanders gratulierte den Franzosen und Französinnen gestern auf twitter zu einem „überwältigenden“ Wahlergebnis gegen Rassismus und Xenophobie. Diese Euphorie ist mit Vorsicht zu genießen: Selbst bei der verhältnismäßig schlechten Wahlbeteiligung von 74,6% und unter Einbezug der ca. 4 Millionen Enthaltungen liegt die absolute Menge von Stimmen, die auf le Pen entfallen sind, noch immer im zweistelligen Millionenbereich, wie sich bei der Auflistung der Ergebnisse in der Wikipedia nachlesen lässt. Die taz meint dazu berechtigterweise: „Keine Kleinigkeit“.
Der Cicero betrachtet Macrons Sieg ebenfalls als den für Deutschland angenehmeren Wahlausgang, gibt aber zu bedenken, dass die Vorstellungen des neuen Präsidenten von Umgestaltungen auf europäischer Ebene aber der deutschen Politik noch vor einige Herausforderungen stellen werden. Zunächst wird Macron jedoch die Herausforderungen im eigenen Parlament meistern müssen: Die Wahlen stehen im Juni an, und die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen politischen Parteien wird ihm nicht auf dem Silbertablett serviert werden, wie es der Spiegel deutlich macht.
Die Zeit schaut bereits einen Tag nach der Wahl auf den politischen Alltag der nächsten fünf Jahre unter Macron: Fünf Vorhaben fasst sie hier zusammen und mutmaßt über die Erfolgswahrscheinlichkeit. Grundsätzlich traut man dem frisch gebackenen Präsidenten einiges zu. Der Freitag verweist jedoch auch bedeutungsschwer auf Macrons Vorgänger: „Und wie schnell die Franzosen enttäuscht sein können mit einem Staatschef, der nicht liefert, musste François Hollande schmerzlich erfahren.“ Eines ist sicher: Macron kann sich auf seinem Wahlsieg nicht ausruhen, sondern wird an seinen Taten und politischen Erfolgen gemessen werden.