Dr. Zbigniew Wilkiewicz
Putin ist gewaltig unter Druck und jetzt will er doch noch schnell Fakten schaffen, indem er Pseudoabstimmungen in den besetzten ukrainischen Territorien durchführen und fiktive Volksrepubliken ausrufen lassen will. Die Muster gleichen sich seit Amtsantritt des KGB-Manns, sind leicht durchschaubar und abgegriffen. Gleichzeitig droht Putin, wie schon seit dem 24. Februar, mit dem Einsatz von Atomwaffen. Und – während die Duma gestern ihre Gesetze gegen kriegs- und kampfunwillige russische Soldaten in Windeseile drakonisch verschärft hat – ruft der Kremlherr nun endlich auch die Teilmobilmachung aus.
Dazu ist er durch die unerwartet durchschlagenden Militärerfolge der Ukrainer im Osten und Süden der Front sowie durch die rechtsradikalen chauvinistischen Kritiker seiner zu „laxen“ Kriegsführung gezwungen worden. Vielleicht handelt es sich bei Letzterem aber auch um ein abgekartetes Spiel von mehr oder weniger gewieften KGBlern, mit dessen Hilfe man die russische Bevölkerung auf den Krieg vorbereiten will. Die Mär von der „militärischen Spezialoperation“ hat ausgedient, der „dekadente“ Westen hat bisher nicht klein beigegeben, die Erpressungsversuche mit einer militärischen Eskalation – neben den gemeingefährlichen russischen Aktivitäten im und um das AKW Saporischschja sowie der vorgestrige Beschuss des AKW Piwdennoukrainsk – haben auch nicht verfangen.
Was bleibt Putin jetzt noch, nachdem man fast ganz Europa das Gas abgestellt hat und demnächst mit der EU auch keine Geschäfte mit dem teuren Erdöl machen wird? Die Drohung mit „Väterchen Frost“ und mit dem Einsatz von Atomwaffen, da man vorhat, die neu geschaffenen „Volksrepubliken“ zu einem integralen Bestandteil Russlands zu erklären. Sollten die Ukrainer diese weiter angreifen, würden sie sich nach dem alles Völkerrecht verhöhnenden „Verständnis“ Putins, Russland angreifen. Und damit wäre entsprechend der russischen Militärdoktrin der Einsatz von strategischen Atomwaffen gerechtfertigt.
Dieses an Absurdität kaum noch zu überbietende Konstrukt hat zurecht von allen relevanten westlichen Staatsführungen eine entschiedene Abfuhr erhalten. Dieser Abfuhr auf politisch-diplomatischem Parkett sollte allerdings von einer noch entschiedeneren militärischen Unterstützung der ukrainischen Militäreinheiten begleitet werden, die gerade dabei sind, Nägel mit Köpfen zu machen und russisch besetzte ukrainische Gebiete, in denen der blanke Terror herrscht (Isjum!), zu befreien.
Dem Kriegsverbrecher Putin und seinem Regime jetzt eine Atempause zu gönnen, wäre absolut fahrlässig. Gerade jetzt, wo auch Teile des russischen Volkes – auch wegen der russischen Teilmobilmachung – zu murren beginnen, muss der Westen die Ukraine noch entschiedener mit modernen schweren Waffen unterstützen, um die russischen Besatzer aus dem Land zu drängen.